Historie von Samos Teil IV.
Befreiungskämpfe
Schiffseigner und Kaufleute waren auch am Warenaustausch mit einheimischen Händlern und Landwirten interessiert, was aber vom bestehenden System unterdrückt wurde. Durch den Kontakt mit den Kaufleuten formierte sich eine Gruppe, sogenannte Carmagnoles, die fortschrittliche Ideen unterstützte und das bestehende System bekämpfte. Sie vertraten die Ideale von freien und gebildeten Menschen, die sich in einer demokratischen Gesellschaft verwirklichen können. Gegenspieler waren konservative Kräfte, sogenannte Kallikantzari, die am bestehenden System festhielten und mit der türkischen Administration der Insel zusammenarbeiteten.
Das Osmanische Reich zwischen 1481 - 1683 - eingebunden über Wikimedia Commons - Autor: William Robert Shepherd
Der intensive Konflikt zwischen Carmagnoles und Kallikantzari in den sozialen und politischen Auseinandersetzungen dauerte viele Jahre und endete mit dem Sieg der Carmagnoles, die von 1807 bis 1812 das bestehende System umgestalteten. Eine demokratische Versammlung entschied über politische Belange. Die politischen Ziele waren Gerechtigkeit, Meinungsfreiheit, Solidarität und Volksherrschaft, ihr Führer war Lykourgos Logothetis. Die Carmagnoles wurden 1812 entmachtet, Logothetis verfolgt. In der Revolution von 1821 übernahm er wieder eine führende Rolle auf der Insel. Im griechischen Freiheitskampf ab 1821 errangen die Griechen hier unter Kanaris einen bedeutenden Seesieg über die Osmanen (1824).
Londoner Protokoll
Nach dem Londoner Protokoll von 1827 wurde Samos 1830 den Osmanen zurückgegeben und am 11. Dezember 1832 zur Hauptstadt eines tributpflichtigen Fürstentums gemacht. Die Insel Samos, türkisch Sisam, gehörte ab 1832 zum türkischen Vilajet Dschesair und war weitestgehend autonom. Die Verwaltung wurde der Insel übertragen. Es gab sogar ein Parlament auf der Insel. Samos war jedoch durch die Zahlung von Zöllen an die Türkei gebunden. Mit Vilayet Dschesair bezeichnete man eine Provinz des Osmanischen Reiches. Vilayet steht für Provinz und Dschesair bedeutet soviel wie „Weiße Insel“ oder „Inseln des Weißen Meeres“, womit die Inseln der Ägäis gemeint sind. Zu dieser Provinz gehörten alle Inseln in der nördlichen- und östlichen Ägäis.
Dieses Gebiet wurde im Westen begrenzt durch die Halbinsel Chalkidiki, im Norden durch die thrakische Küste und dem Hellespont und im Osten von der kleinasiatischen Küste. Die Provinz (Vilajet) Dschesair war unterteilt in fünf Sandschaks, zu denen Zypern, Rhodos, Chios, Mytilini und die Insel Lemnos gehörten. Samos gehörte somit zum Sandschak Chios. Die Provinz Dschesair hatte eine Gesamtfläche von etwa 14.500 Quadratkilometer (ohne Zypern) und zählte etwa 440.000 Einwohner. Die Insel Zypern gehörte ab 1878 faktisch zu Großbritannien. Die Hauptstadt dieser Provinz war die Insel Chios, die auch gleichzeitig das Verwaltungszentrum des gleichnamigen Sandschaks war, zu der die Insel Samos gehörte.
In der Zeit von 1833 - 1913 leiteten insgesamt 19 Prinzen, so der Titel der Gouverneure von Samos, die Geschicke der Insel. Nicht alle Prinzen stammten von der Insel Samos, einige kamen u.a. aus Konstantinopel, Smyrna und Kappadokien, alles Gebiete und Städte im Osmanischen Reich, wo viele Griechen seit Jahrhunderten lebten. Jeder Prinz allerdings hatte griechische Wurzeln. Die Liste beginnt mit Vogoridis und endet mit dem Interimspräsidenten von Samos, Themistoklis Sophoulis, der bereits ab Ende 1912 bis zum 2. März 1913 inoffiziell das Amt innehatte und es fortführte bis zum April 1914.
- Stephanos Vogoridis 1833 - 1850
- Alexandros Kallimachis 1850 - 1854
- Ion Ghica 1854 - 1859
- Miltiadis Stavraki Aristarchis 1859 - 1866
- Pavlos Mousouros 1866 - 1873
- Georgios Georgiadis 1873, 1907 - 1908
- Konstantinos Adosidis 1873 - 1874, 1879 - 1885
- Konstantinos Photiadis 1874 - 1879
- Alexandros Karatheodoris 1885 - 1895
- Georgios Verovits 1895 - 1896
- Stephanos Mousouros 1896 - 1899
- Konstantinos Vagianis 1899 - 1900
- Michail Georgiadis 1900 - 1902
- Alexandros Mavrogenis 1902-1904
- Ioannis Vithynos 1904 - 1906
- Konstantinos Karatheodoris 1906
- Andreas Kopasis Omoudopoulos 1908 - 1912
- Grigorios Vegleris 1912
- Themistoklis Sophoulis 1912 - 2. März 1913
Themistoklis Sophoulis (1860 - 1949)
Am 11. August 1904 wurde die Insel Samos wurde von einem schweren Erdbeben mit der Stärke von 6,2 auf der Richter-Skala erschüttert. Das Erdbeben forderte vier Menschenleben und zerstörte 540 Häuser auf der Insel. 1907 und 1908 rebellierten die Einwohner von Samos. Der damalige Herrscher - Fürst Andreas Kopasis - der eine anti-griechische Haltung hatte, wurde am 22. Mai 1912 ermordet. Sein Nachfolger war der pro-griechisch eingestellte Gregory Vegleris. Im Mai 1912 zogen sich die türkischen Truppen von der Insel Samos zurück, als der Krieg gegen Italien ausbrach.
Der Italienisch-Türkische Krieg war eine militärische Auseinandersetzung zwischen dem Königreich Italien und dem Osmanischen Reich und begann mit der Kriegserklärung Italiens am 29. September 1911 und wurde mit dem Frieden von Ouchy am 18. Oktober 1912 beendet. Der Verlierer, das Osmanische Reich, musste Tripolitanien, die Cyrenaika (beides im heutigen Staat Lybien) und den Dodekanes an Italien abtreten. Unter Themistoklis Sophoulis (1860 - 1949) rebellierten die Griechen erneut und Vegleris musste fliehen. Am 11. November 1912 - Samos nutzte die Gunst der Stunde - erfolgte die Proklamation des Anschlusses von Samos an das Königreich Griechenland.
Studium der Philosophie und Archäologie
Themistoklis Sophoulis - ein Sohn der Insel Samos - wurde im Jahre 1860 in der Hafenstadt Vathy (heute Stadt Samos) geboren und verstarb 1949 in Athen. Er war u. a. ein Kämpfer der Freiheit für die Insel Samos, später Abgeordneter und Vorsitzenden der Liberalen Partei Griechenlands. In Folge wurde er mehrfach Ministerpräsident und Parlamentssprecher. Schon sein Vater Panagiotis Sophoulis soll sich im Kampf um die Autonomie von Samos einen Namen gemacht haben. Sophoulis absolvierte ein Studium der Philosophie und Archäologie an verschiedenen Universitäten Griechenlands. Er arbeitete einige Jahre als Archäologe in Griechenland und verfasste einige fachwissenschaftliche Abhandlungen. Im Jahr 1900 beendete er nach der Wahl zum Abgeordneten im Parlament von Samos seine Tätigkeit als Archäologe. Nach dem Anschluss der Insel Samos an das Königreich Griechenland (2. März 1913) blieb Sophoulis für eine Weile als Präsident der Übergangsregierung von Samos. Im April 1914 wurde er zum Generalgouverneur von Mazedonien berufen.
Er blieb in Thessaloniki bis zum Februar 1915. Nach dem Rücktritt des Ministerpräsidenten der Gegenregierung in Thessaloniki - Eleftherios Venizelos - und nach der Flucht ins Exil des griechischen Königs Konstantin I., konnte er nach Athen zurückkehren, wo Sophoulis Sprecher des Parlaments wurde. Er hielt seinen Posten bis 1920. Nach dem Venizelos nach der Niederlage bei den Parlamentswahlen von 1920 ins Exil nach Paris ging, wurde er dessen Nachfolger als Vorsitzender der Liberalen Partei. In Folge bekleidete er mehrfach das Amt des Ministerpräsidenten des Landes. Themistoklis Sophoulis starb am 24. Juni 1949 in Athen während seiner Amtszeit als Ministerpräsident, wenige Monate vor dem Ende des Bürgerkrieges.
Balkankriege (1912 - 1913)
Als Ergebnis der zwei Balkankriege (1912 - 1913) wurde Samos 1913 Teil von Griechenland. In diesem Jahr wurde Konstantin I. König von Griechenland. Im Ersten Weltkrieg (1914 - 1918) blieb Griechenland zunächst neutral, trat dann aber nach der von den Alliierten erzwungenen Abdankung von König Konstantin I. 1917 in den Krieg gegen die Mittelmächte und deren Verbündete, insbesondere Bulgarien und das Osmanische Reich, ein. Nach dem Krieg versuchte man mit Billigung der Siegermächte die Niederlage des Osmanischen Reiches zu nutzen, um außer dem von Bulgarien gewonnen Westthrakien auch Ostthrakien und das mehrheitlich von Griechen bewohnte Gebiet um Smyrna (das heutige Izmir) unter griechische Kontrolle zu bringen. Doch 1922 endete der Griechisch-Türkische Krieg mit einer deutlichen griechischen Niederlage - die sogenannte „Kleinasiatische Katastrophe“. [1]
Die Musik und die Fotos auf dem Video erinnern an diese schwere Zeit.
Video „Tha Spaso Koupes Greek & Turkish Song“
Vertrag von Lausanne
Im Vertrag von Lausanne 1923 wurde ein Bevölkerungsaustausch vereinbart: Alle noch in großen Teilen der Türkei - viele aus der Pontus-Region und der größte Teil der aus Smyrna (Izmir) stammenden verstreut lebenden Griechen, mit Ausnahme der Griechen in Istanbul und einiger Griechen auf den Inseln Imbros und Tenedos - wurden nach Griechenland vertrieben (etwa 1,5 Millionen). Im Gegenzug mussten an die 500.000 meist türkische Muslime Griechenland verlassen, mit Ausnahme der Muslime in Thrakien. Die Flüchtlingsquote in Griechenland nach diesem Krieg betrug mit ca. 25 % wesentlich mehr als etwa in Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Bevölkerung Athens vervielfachte sich in kürzester Zeit. Die damaligen Ereignisse bedeuten für viele Türken und Griechen bis heute ein unbewältigtes Trauma und sind eine Hauptursache für die teils immer noch schwelenden Ressentiments zwischen beiden Völkern, etwa auf der Insel Zypern. 1925 wurde kurz über eine Unabhängigkeit der Insel Samos nachgedacht. [1]
II. Weltkrieg
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Insel durch italienische Truppen besetzt. Am 30. August 1943 wurden in Kastania 27 griechische Widerstandskämpfer (Andartes) durch Truppen der Achsenmächte hingerichtet. Samos wurde im September 1943 durch englische Truppen besetzt. Die Städte Samos (Vathy) und Pythagorio wurden im Verlauf der Schlacht um die Ägäis am 17. November 1943 durch deutsche Fliegerstaffeln bombardiert und am 21. November 1943 wurde die Insel kampflos von deutschen Truppen besetzt. Sie blieben dort bis zur deutschen Kapitulation im Mai 1945. [1]
Das nebenstehende Foto zeigt das Mahnmal von Kalavitra, einem Ort in Griechenland, dessen Geschichte Sie hier abrufen können!
Griechischer Bürgerkrieg
Der Zweite Weltkrieg ging in Griechenland nach dem in den Bergen geführten Kampf zwischen EDES und ELAS und der Schlacht um Athen fast direkt in den Griechischen Bürgerkrieg über. Im Sinne eines strikten Antikommunismus blieben noch bis in die 1960er Jahre viele bürgerliche Freiheiten eingeschränkt, was die NATO jedoch nicht davon abhielt, Griechenland 1952 aufzunehmen und so strategisch im Westen zu verankern. 1981 wurde Griechenland Mitglied der EWG. Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Modernisierung wurde durch enorme EWG-Hilfsgelder (unter anderem für die Landwirtschaft) gefördert, doch der Abstand zu den entwickelteren EWG-Staaten blieb weiterhin bestehen. [1]
Europäische Gemeinschaft
Die aktuelle Verfassung Griechenlands trat am 11. Juni 1975 in Kraft, wurde jedoch 1986 und nochmals 2001 grundlegend reformiert. Sie definiert Griechenland als parlamentarische Republik nach sozialen und rechtsstaatlichen Prinzipien. Der amtierende Staatspräsident Griechenlands ist seit März 2015 Prokopis Pavlopoulos. Der amtierende griechische Ministerpräsident heißt Alexis Tsipras. Er löste am 26. Januar 2015 Andonis Samaras ab. Der Dienstleistungssektor ist der größte und wichtigste Wirtschaftssektor in Griechenland. Er erwirtschaftete im Jahr 2004 71,4 % der griechischen Wirtschaftsleistung. An zentraler Stelle steht hier u.a. die Tourismusbranche, die auch auf der Insel Samos einen der größten Witschaftsfaktoren darstellt. [1]
Quellenangabe:
1.: Die Informationen zur Historie der Insel Samos basieren auf dem Artikel Samos (Stand vom 17.09.2008) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und stehen unter der GNU-Lizenz [34 KB]
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Die Fotos "Mahnmal zum Massaker des 13. Dezember 1943 durch deutsche Truppen in Kalavitra - Autor: Konstantinos Dafalias" - "Samosgrecia - Autor: Felipe Alvarez" - "Akropolis in Athen - Autor: Fantasy" sind lizenziert unter der Creative Commons Attribution ShareAlike 3.0 und unter der Creative Commons-Lizenz „Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported".