Antike Stadt Samos
Sehenswertes in und um Pythagorion
Pythagorion - früher Tigani - bietet eine Fülle von Sehenswürdigkeiten. Dazu gehören die vielen archäologischen Hinterlassenschaften, die auf dem Areal des gesamten Stadtgebiets zu finden sind. Die Anfänge der noch heute zu sehenden Bebauung entstehen während der Herrschaft des Tyrannen Polykrates (538 bis 522 v. Chr.). Später siedelten hier Griechen, Römer und Byzantiner, die alle ihre Spuren in der antiken Stadt Samos hinterlassen haben. Viele dieser Relikte aus den vergangenen Jahrhunderten schlummern noch unter Erde und warten auf die Freilegung durch Archäologen, die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts hier arbeiten und schon vieles zu Tage gebracht haben. [1]
Eine Blütezeit erlebte die Stadt während der römischen Epoche. Mit Antiochos dem Großen und Mithridates kämpfte sie gegen Rom und wurde 84 v. Chr. mit der römischen Provinz Asien vereinigt. Hieraus resultieren u.a. das römische Theater vor dem Hintergrund des Berges Kastri aus dem 1. Jahrhundert vor Chr., in dem noch heute in den Sommermonaten klassische griechische Theaterdramen und neuerdings auch Konzerte aufgeführt werden. Auch die recht umfangreichen römischen Thermen in Pythagorion hinter dem Doryssa-Hotel stammen aus dieser Zeit. Damit war sie Teil des Römischen Reiches. Kaiser Augustus befand sich im Winter 31/30 und erneut 21/20 auf Samos und erklärte das dortige Gemeinwesen bei seinem zweiten Aufenthalt für „frei“.
Diese Freiheit wurde ihr bereits in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. wieder durch Kaiser Vespasian entzogen. Bis in die Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr., in der Regierungszeit des Kaisers Gallienus, wurden eigene Münzen geprägt. [1]
Samos - die antike Stadt
Samos ist eine der besonders grünen Inseln der südöstlichen Ägäis. Dryousa, Doryssa, Melamphyllos, Phyllis, Melanthemos, Anthemis, Hydrele, Kyparissia, Parthenia sind einige der Beinamen der Insel, die in den alten Texten erwähnt werden. Karer und Leleger waren die ersten Bewohner der Insel. Als erster Siedler wird Angaios (Aggeus) aus Arkadien erwähnt, der an der Expedition der Argonauten teilgenommen hatte. Der Name der Insel stammt vom Sohn des Angaios, Samos, oder von der phönizischen Wurzel sama, was einen Ort mit hohen Bergen bedeutet.
Diese Bedeutung wird durch die Existenz zweier hoher Berge gestützt: Kerkis oder Kerketeas, an deren Hängen sich Überreste einer Klosteranlage befinden, und Ambelos oder Karvounis, dessen Name sich von den vielen Weinbergen ableitet, die sich an den Abhängen dieses Berges befinden. [1]
Die günstige Lage der Insel an der Kreuzung der Seewege, die Mittelgriechenland mit dem Osten und mit Ägypten verbinden, und ihre Nähe zu den ionischen Städten an der gegenüberliegenden Küste, von der sie durch eine Meerenge (Mykale) von nur 1500 Meter getrennt ist. Die Sieben-Stadien-Straße der Antike spielte eine entscheidende Rolle bei ihrer Entwicklung. Das antike Samos befand sich an der Stelle der modernen Stadt Pythagorio, wie Ausgrabungen in der Gegend gezeigt haben. Spuren der ersten Ansiedlung von Menschen in der antiken Stadt reichen bis ins 5. Jahrtausend v. Chr., also in die Jungsteinzeit, zurück und befinden sich auf dem Kastro-Hügel (Berg Kastri). Während der Völkerwanderungszeit um 1100 v. Chr. kamen Ionier aus der Region Epidauros nach Samos und brachten den Kult der Muttergöttin Hera mit. [1]
Durch die Handelsbeziehungen der Insel mit den Ländern des Ostens und dem westlichen Mittelmeer sammelte die Insel während der geometrischen Epoche sagenhaften Reichtum, Wissen und Erfahrung an, die der Entwicklung Impulse gaben. Informationen aus den Ausgrabungen der letzten Jahre haben unwiderlegbare Beweise für das hohe kulturelle Niveau dieses Ortes in geometrischen Zeiten geliefert. Mit der Entdeckung von Ablagerungen im Zentrum der antiken Stadt und insbesondere des geometrischen Grabhügelfriedhofs im südwestlichen Teil wird deutlich, dass die Stadt vom 10. bis 7. Jahrhundert v. Chr. eine große Entwicklung erlebte. Während der archaischen Zeit erreichte die Stadt ihren Höhepunkt, insbesondere während der Tyrannei von Polykrates, dem Sohn von Aiakes. [1]
Befestigungsmauer
Wichtige Werke dieser Zeit sind der Aquädukt von Eupalinos, die große Mole in Pythagorion und der große Hera-Tempel, der nach einem Bericht von Herodot als „doppelseitiger Tunnel“ bekannt ist. Aus dieser Zeit stammt auch die erste Phase der Stadtbefestigung mit ihren im Polygonalsystem errichteten Mauern auf einer Länge von 6,5 Kilometer. Als die Insel von den Athenern erobert wurde, wurde die Befestigungsmauer abgerissen. Sie wurde um 300 v. Chr. im isodomischen System wieder aufgebaut, als die verbannten Samier nach 322 v. Chr. nach einem Edikt Alexanders des Großen in ihre Heimat zurückkehrten. Die letzte, begrenzte Reparatur der Mauern erfolgte im Jahr 200 v. Chr., als Samos von der ptolemäischen Flotte als Marinestation genutzt wurde. [1]
Der Architekt Rhoikos, der Künstler Theodoros, der Bildhauer Geneleos, die Dichter Anakreon und Ibykos sind einige der bedeutenden Persönlichkeiten, die am Hofe des Tyrannen hervorragende Dienste leisteten. Zur gleichen Zeit wurde auf der Insel die große Persönlichkeit der Philosophie und Mathematik, Pythagoras, geboren. Die leichte Zugänglichkeit von Holz in den vielen Wäldern der Insel förderte den Bau von Handels- und Marineschiffen und machte Samos zu einer Seemacht. Zu dieser Zeit wurde ein neuer Schiffstyp konstruiert, der als „Samaina“ bekannt ist. Samaina ist ein Schiffstyp der griechischen Antike, ein Langschiff mit zwei Ruderreihen, Segel und Rammsporn. [1]
Zu Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. schloss sich Samos mit ihren Schiffen den ionischen Städten im Aufstand gegen die Perser an, zog sich jedoch vor der für die Ionier katastrophalen Seeschlacht von Lade (494 v. Chr. - Lade - nähe Milet) zurück. Im Jahr 478 v. Chr. trat sie dem ersten Attischen Bund bei und stellte Schiffe zur Verfügung, anstatt Tribut zu zahlen. Ihre Seemacht erregte jedoch das Misstrauen der Athener, die die Konflikte zwischen Samos und Mytilene um die Felder von Anaia ausnutzten, die Insel angriffen und nach einer neunmonatigen Belagerung im Jahr 439 v. Chr. die Stadt einnahmen. Die durchgesetzten harten Bedingungen waren für die Stadt katastrophal. [1]
Im 4. Jahrhundert v. Chr. war Samos eine Zeit lang mit Sparta verbündet, doch hauptsächlich stand die Insel unter athenischer Hegemonie. Nach der Einnahme der Insel durch Timotheos im Jahr 365 v. Chr. wurden die Samier ins Exil geschickt und an ihrer Stelle athenische Geistliche angesiedelt. Mit der Rückführung der vertriebenen Samier nach 322 v. Chr. zeichnet sich in der Stadt eine neue Blüte ab. Danach stand die Insel unter dem Einfluss der Nachfolger Alexanders des Großen, Demetrios Poliorketes, der Ptolemäer Ägyptens, der Könige von Pergamon, der Mazedonier und so weiter.
Ab 129 v. Chr. gehörte Samos zur römischen Provinz Asia. Nach der Ermordung Julius Cäsars (44 v. Chr.) im darauffolgenden Bürgerkrieg geriet Samos in die Reihen der Verschwörer Gaius Cassius und Marcus Iunius Brutus. [1]
Aufenthaltsort römischer Kaiser
Im Jahr 39 v. Chr. verbrachte Antonius den Winter mit Kleopatra in einer luxuriösen Villa auf dem Hügel des Berges Kastri. Die Winter 30 v. Chr. nach der Schlacht von Actium (31 v. Chr.) und 19/18 v. Chr. verbrachte Octavian (der spätere Kaiser Augustus) am selben Ort. In denselben luxuriösen Villen verbrachten auch die römischen Kaiser Trajan, Tiberius, Claudius und Hadrian mehrere Winter. Schöne Porträts oder Statuen einiger dieser Männer schmücken das Archäologische Museum von Pythagorion.
Die antike Stadt und das Heiligtum der Hera erlitten während der Einfälle der Herulaner (germanischer Stamm) im Jahr 267 n. Chr. große Zerstörungen.
Im 4. Jahrhundert n. Chr. wurde auf Samos eine christliche Gemeinde gegründet.
Die Einfälle der Araber im 7. Jahrhundert n. Chr. verursachten ernsthafte Probleme auf der Insel und die Bewohner zogen wahrscheinlich in das bergige Landesinnere. Eine dieser Siedlungen ist das sogenannte Kastro Loulouda (Louloudes) in der Nähe des Lazarus (Lazaros), einem Gipfel des Ambelos-Gebirges. [1]
Die Ausgrabungen
Die Ausgrabungen auf der Insel begannen 1902 – 1903 durch die Archäologische Gesellschaft in Athen unter der Leitung von P. Kavadias und Themistoklis Sofoulis (1860 - 1949). Umfangreiche Forschungen wurden ab 1910 von Theodor Wiegand und Professor Martin Schede unter der Schirmherrschaft der Königlichen Museen zu Berlin durchgeführt. 1925 führten das Deutsche Archäologische Institut in Zusammenarbeit mit der Griechischen Archäologischen Gesellschaft Ausgrabungen durch. Zwischen 1939 und 1951 wurden die Ausgrabungen aufgrund des Zweiten Weltkriegs eingestellt.
Sie wurden nach dem Krieg von den deutschen Archäologen Ernst Buschor, Ernst Homann-Wedeking, Jantzen, Issler, Martin, Helmut Kyrieleis (Führer durch das Heraion von Samos, 1981), Hermann J. Kienast, Wolf-Dietrich Niemeier, Joachim Heiden und seit 2020 Jan-Marc Henke usw. wieder aufgenommen. [1]
In den letzten 40 Jahren wurden systematische Forschungen vom griechischen Antikendienst in Pythagorio und in Gebieten außerhalb der Stadt durchgeführt. Die ersten Forschungsergebnisse verdeutlichten die vorteilhafte Stellung des antiken Samos mit kontinuierlicher Besiedlung von der Jungsteinzeit (5800 und 4000 v. Chr.) bis zur byzantinischen Zeit. Ausgrabungen im Bereich der antiken Stadt haben in den letzten Jahren die Überreste einer organisierten befestigten Stadt mit gepflasterten Straßen, Plätzen, Agora, öffentlichen Gebäuden, Geschäften, einfachen Privathäusern und auch Villen mit hochwertigen Mosaikböden und Wandgemälden freigelegt. Gemälde, umfangreiche Sportanlagen mit Turnhalle, Stadion, Palaistra, Bädern, ausgezeichnetem Wasserversorgungs- und Abwassernetz, Theater, organisierten Friedhöfen, Heiligtümern und Tempeln, die Artemis, Aphrodite, Dionysos, Kybele und östlichen Gottheiten wie Isis gewidmet sind. [1]
Die Entwicklung der Insel veranlasste den Historiker Herodot im 5. Jahrhundert v. Chr. dazu, über die antike Stadt Samos zu schreiben, dass sie die bedeutendste aller griechischen und ausländischen Städte sei. Der Dichter Menander charakterisierte die Insel im 4. Jahrhundert v. Chr. als „Insel des gesegneten Volkes“; Das Sprichwort „Samos produziert sogar Vogelmilch“ spiegelt das milde Klima und die reichlichen Produkte wider.
Die Funde, die hier Tag für Tag ans Licht gebracht werden, zeugen von der Existenz einer Stadt mit starker Präsenz, umfassenden Handelsverbindungen, beneidenswerter Organisation und hohem kulturellem Niveau. Die antike Stadt Samos mit ihrem größten Heiligtum, dem Heraion, ist mittlerweile in die UNESCO-Liste der Denkmäler des Weltkulturerbes (1992) aufgenommen worden. [1]
Quellenverzeichnis:
1.: Die Informationen zur antiken Stadt Samos stammen aus einem Bericht der griechischen Archäologin Maria Viglaki-Sofianou, Repräsentantin des Griechischen Archäologischen Dienstes auf der Insel Samos!
Fotos der antiken Stadt Samos
